Geschichten, die das Leben schrieb....
Wie jeden Tag quälte sich der Bus gegen 1800 Uhr durch den langsam schwächer werdenden Berufsverkehr in Bournemouth. Nach einem weiteren, ereignisreichen Tag waren die meisten Kids in Gedanken schon bei Tiefkühlpizza oder Mikrowellenlasagne.
Auch der Fahrer und die begleitenden Lehrer waren auf der allabendlichen Tour, die sich langsam ihrem Ende näherte, bereits bei den Segnungen der englischen Küche. Nur noch 2 Schüler waren an Bord und auch diese beiden würden innerhalb weniger Minuten sicher in der Nähe ihrer Gastfamilie abgesetzt werden. Damit wäre das Tagesprogramm zumindest für eine Stunde unterbrochen, denn der bevorstehende Karaokeabend machte es notwendig, dass man die Tour in etwas über einer Stunde erneut abfahren würde, um die Kids nach dem Essen wieder in die Stadt zu bringen. 60 Minuten Ruhe.
Aber an diesem Abend sollte es anders kommen....
Die hydraulische Tür hatte sich zum vorletzten Mal wieder geschlossen, als eine unbekannte Melodie und das Vibrieren in der Brusttasche meiner Jacke von dem kündete, was eigentlich niemals hätte passieren sollen. Das Notfalltelefon läutete. Hektisch öffnete ich den Knopf der Tasche und begann hastig unter den vielen Zetteln, Flyern, Eintrittskarten und Gutscheinen, die sich dort im Verlauf der letzten Tage angesammelt hatten, nach dem Handy zu suchen. Das Läuten ertönte jetzt bereits zum vierten Mal und die dunkle Vorahnung, die die Melodie ausgelöst hatte, verdichtete sich langsam zur Gewissheit. Es war etwas passiert und ich würde den Notruf nicht beantworten können, weil die Rabattkärtchen diverser Fast-Food-Locations aus der Innenstadt von Bournemouth das Handy nicht freigeben wollten. Mit zittrigen Fingern gelang es mir schließlich doch, das rote Telefon aus der Tasche zu angeln und ein nervöses "Hello?" in den Apparat zu hauchen.
"Hello??", hauchte eine weibliche Stimme in ebenfalls nervöser Dringlichkeit zurück.
"Who's this?"
"Ha, muss ich jetzt Englisch reden....?"
"Nein, hier können wir Deutsch reden!", stellte ich klar und brannte darauf, nun endlich die Natur des Notfalls zu erfahren. Könnte ich die Zeit zurückdrehen und in diesen Moment zurückkehren, ich hätte vermutlich aufgelegt und wäre geflohen. So überrollten mich die Ereignisse der nächsten Minuten.
Mittlerweile waren alle Schüler ausgestiegen, was bedeutete, dass wir uns am anderen Ende der Stadt befanden wie die Schülerin, die sich in einer so ausweglosen Situation gefangen sah, dass sie das Notfalltelefon benutzt hatte. Die schlimmsten Bilder formten sich in meinem Kopf und mit staubtrockenem Mund brachte ich krächzend ein "Was ist los?" hervor
"Ich muss aufs Klo!", rief es mir vom anderen Ende der Leitung und damit vom entgegengesetzten Ende der Stadt entgegen.
Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn ich verkannte zunächst vollkommen den Ernst der Lage.
"Okay.", stammelte ich, "Wie genau kann ich dir da jetzt helfen?"
"Unsere Gasteltern sind nicht da und ich muss ganz dringend", präzisierte die Schülerin die Lage und die nackte Verzweiflung war in ihrer Stimme wahrnehmbar.
"Was soll ich da denn bitte machen? Ich bin am anderen Ende der Stadt!", rechtfertigte ich mich.
"Das weiß ich doch nicht!", sagte die Stimme und erinnerte mich wirkungsvoll an meine Pflichten, "Sie sind doch der Lehrer!!!"
"Uhm...", stammelte ich weiter, um Zeit zu gewinnen, während mein Verstand fieberhaft nach Lösungen für diese ausweglose Situation suchte, "hmmmm, habt ihr einen Garten?"
"Nee..."
"Ist da eine abgelegene Gasse?"
"Ich muss ganz dringend!", donnerte es aus dem Hörer und verdeutlichte erneut die Brisanz.
"Ist es weit zum Meer?"
"50 Meter"
"Das wäre doch was?"
"Neee....unsere Gasteltern sind nicht da....und es regnet....und ich muss ganz dringend...", flüsterte die Stimme als berichtete sie davon, dass das erste der Sieben Siegel, die die Apokalypse ankündigen, gebrochen worden war. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.
"Ihr seid doch bei Primark gewesen?"
"Ja"
"Vielleicht könnt ihr mit ein paar T-Shirts einen Sichtschutz bauen ?"
Mittlerweile musste ich selbst aussteigen, da der Bus an meinem Ausstiegspunkt nicht halten konnte. Und während sich das Wetter ausgerechnet in diesem Moment von seiner typisch englischen Seite zeigte und der Himmel seine Schleusen öffnete (Vermutlich heulte Petrus bereits vor Lachen), versuchte ich über das Telefon weiter beruhigend auf die verzweifelte Stimme einzuwirken.
In strömendem Regen wühlte ich nun die Adressenliste der Gasteltern aus meinem Rucksack und breitete nebenbei dessen Inhalt auf dem Bürgersteig aus. Passanten warfen in tiefem Mitgefühl die ersten Pence-Münzen.
"Pass auf....,", rief ich, nachdem der Plan langsam Gestalt annahm, "Ihr geht jetzt zu den Gasteltern, die am nächsten bei euch wohnen..."
"Das dürfen wir nicht!", kam die entrüstete Antwort.
"Doch! Das dürft ihr! Ich sage euch das!"
"Nein, das sollen wir nicht machen!"
"Ich weiß, das hab ich euch ja gesagt! Aber jetzt ändere ich das und ich sage ihr dürft das!"
"Dann kriegen wir voll Ärger!"
"DANN KRIEG HOECHSTENS ICH VOLL ÄRGER!!!", schrie ich, während der Regen in schnellem Takt von meiner Nasenspitze tropfte. Nebenbei sammelte ich die Klamotten wieder ein.
"Okay....auf ihre Verantwortung."
Mit großen Verständigungsproblemen wurde die Adresse übernommen. Bloß jetzt keine Unterbrechung, dachte ich.
"Und wann sollen wir dann wieder zu unseren Gasteltern?"
"Ruft einfach vom Festnetz dort an und wartet, bis die wieder da sind!"
"Ich weiß die Nummer nicht....außerdem muss ich jetzt ehrlich ganz dringend aufs Klo!!!"
Ein weiteres Mal öffnete ich den Rucksack und begann erneut die Habseligkeiten auf den Gehweg zu verteilen, um diesmal an die Telefonliste zu kommen. Als auch diese Hürde genommen war, begann ich die Nummer zu diktieren, aber ein gnädiger Gott muss dann wohl doch ein Einsehen mit mir gehabt haben, denn plötzlich klang es aus dem Handy: "Ahh...unsere Gasteltern kommen. Bis nachher....- Freizeichen"
Diese kleine Geschichte musste ich jetzt noch loswerden, bevor mir durch Facebook die Pointe geklaut wird XDDD ....Unlösbare Probleme bekommen wir innerhalb weniger Minuten in den Griff, Wunder dauern geringfügig länger ^_________^
Die Kids genießen grade (hoffentlich) den Karaokeabend und ich soll von allen schöne Grüße ausrichten und ein angenehmes Wochenende wünschen.
Das nächste Update kommt voraussichtlich erst am Sonntag, da wir am Samstag den day off haben, einen komplett freien Tag, den die Kids selbst gestalten (vermutlich wird Primark spätestens dann leer gekauft sein....letzte Chance für Investoren) ...In der Hoffnung, dass das rote Handy sich nicht mehr meldet, melde ich mich ab^^ Die erste Woche haben wir......
Auch der Fahrer und die begleitenden Lehrer waren auf der allabendlichen Tour, die sich langsam ihrem Ende näherte, bereits bei den Segnungen der englischen Küche. Nur noch 2 Schüler waren an Bord und auch diese beiden würden innerhalb weniger Minuten sicher in der Nähe ihrer Gastfamilie abgesetzt werden. Damit wäre das Tagesprogramm zumindest für eine Stunde unterbrochen, denn der bevorstehende Karaokeabend machte es notwendig, dass man die Tour in etwas über einer Stunde erneut abfahren würde, um die Kids nach dem Essen wieder in die Stadt zu bringen. 60 Minuten Ruhe.
Aber an diesem Abend sollte es anders kommen....
Die hydraulische Tür hatte sich zum vorletzten Mal wieder geschlossen, als eine unbekannte Melodie und das Vibrieren in der Brusttasche meiner Jacke von dem kündete, was eigentlich niemals hätte passieren sollen. Das Notfalltelefon läutete. Hektisch öffnete ich den Knopf der Tasche und begann hastig unter den vielen Zetteln, Flyern, Eintrittskarten und Gutscheinen, die sich dort im Verlauf der letzten Tage angesammelt hatten, nach dem Handy zu suchen. Das Läuten ertönte jetzt bereits zum vierten Mal und die dunkle Vorahnung, die die Melodie ausgelöst hatte, verdichtete sich langsam zur Gewissheit. Es war etwas passiert und ich würde den Notruf nicht beantworten können, weil die Rabattkärtchen diverser Fast-Food-Locations aus der Innenstadt von Bournemouth das Handy nicht freigeben wollten. Mit zittrigen Fingern gelang es mir schließlich doch, das rote Telefon aus der Tasche zu angeln und ein nervöses "Hello?" in den Apparat zu hauchen.
"Hello??", hauchte eine weibliche Stimme in ebenfalls nervöser Dringlichkeit zurück.
"Who's this?"
"Ha, muss ich jetzt Englisch reden....?"
"Nein, hier können wir Deutsch reden!", stellte ich klar und brannte darauf, nun endlich die Natur des Notfalls zu erfahren. Könnte ich die Zeit zurückdrehen und in diesen Moment zurückkehren, ich hätte vermutlich aufgelegt und wäre geflohen. So überrollten mich die Ereignisse der nächsten Minuten.
Mittlerweile waren alle Schüler ausgestiegen, was bedeutete, dass wir uns am anderen Ende der Stadt befanden wie die Schülerin, die sich in einer so ausweglosen Situation gefangen sah, dass sie das Notfalltelefon benutzt hatte. Die schlimmsten Bilder formten sich in meinem Kopf und mit staubtrockenem Mund brachte ich krächzend ein "Was ist los?" hervor
"Ich muss aufs Klo!", rief es mir vom anderen Ende der Leitung und damit vom entgegengesetzten Ende der Stadt entgegen.
Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn ich verkannte zunächst vollkommen den Ernst der Lage.
"Okay.", stammelte ich, "Wie genau kann ich dir da jetzt helfen?"
"Unsere Gasteltern sind nicht da und ich muss ganz dringend", präzisierte die Schülerin die Lage und die nackte Verzweiflung war in ihrer Stimme wahrnehmbar.
"Was soll ich da denn bitte machen? Ich bin am anderen Ende der Stadt!", rechtfertigte ich mich.
"Das weiß ich doch nicht!", sagte die Stimme und erinnerte mich wirkungsvoll an meine Pflichten, "Sie sind doch der Lehrer!!!"
"Uhm...", stammelte ich weiter, um Zeit zu gewinnen, während mein Verstand fieberhaft nach Lösungen für diese ausweglose Situation suchte, "hmmmm, habt ihr einen Garten?"
"Nee..."
"Ist da eine abgelegene Gasse?"
"Ich muss ganz dringend!", donnerte es aus dem Hörer und verdeutlichte erneut die Brisanz.
"Ist es weit zum Meer?"
"50 Meter"
"Das wäre doch was?"
"Neee....unsere Gasteltern sind nicht da....und es regnet....und ich muss ganz dringend...", flüsterte die Stimme als berichtete sie davon, dass das erste der Sieben Siegel, die die Apokalypse ankündigen, gebrochen worden war. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.
"Ihr seid doch bei Primark gewesen?"
"Ja"
"Vielleicht könnt ihr mit ein paar T-Shirts einen Sichtschutz bauen ?"
Mittlerweile musste ich selbst aussteigen, da der Bus an meinem Ausstiegspunkt nicht halten konnte. Und während sich das Wetter ausgerechnet in diesem Moment von seiner typisch englischen Seite zeigte und der Himmel seine Schleusen öffnete (Vermutlich heulte Petrus bereits vor Lachen), versuchte ich über das Telefon weiter beruhigend auf die verzweifelte Stimme einzuwirken.
In strömendem Regen wühlte ich nun die Adressenliste der Gasteltern aus meinem Rucksack und breitete nebenbei dessen Inhalt auf dem Bürgersteig aus. Passanten warfen in tiefem Mitgefühl die ersten Pence-Münzen.
"Pass auf....,", rief ich, nachdem der Plan langsam Gestalt annahm, "Ihr geht jetzt zu den Gasteltern, die am nächsten bei euch wohnen..."
"Das dürfen wir nicht!", kam die entrüstete Antwort.
"Doch! Das dürft ihr! Ich sage euch das!"
"Nein, das sollen wir nicht machen!"
"Ich weiß, das hab ich euch ja gesagt! Aber jetzt ändere ich das und ich sage ihr dürft das!"
"Dann kriegen wir voll Ärger!"
"DANN KRIEG HOECHSTENS ICH VOLL ÄRGER!!!", schrie ich, während der Regen in schnellem Takt von meiner Nasenspitze tropfte. Nebenbei sammelte ich die Klamotten wieder ein.
"Okay....auf ihre Verantwortung."
Mit großen Verständigungsproblemen wurde die Adresse übernommen. Bloß jetzt keine Unterbrechung, dachte ich.
"Und wann sollen wir dann wieder zu unseren Gasteltern?"
"Ruft einfach vom Festnetz dort an und wartet, bis die wieder da sind!"
"Ich weiß die Nummer nicht....außerdem muss ich jetzt ehrlich ganz dringend aufs Klo!!!"
Ein weiteres Mal öffnete ich den Rucksack und begann erneut die Habseligkeiten auf den Gehweg zu verteilen, um diesmal an die Telefonliste zu kommen. Als auch diese Hürde genommen war, begann ich die Nummer zu diktieren, aber ein gnädiger Gott muss dann wohl doch ein Einsehen mit mir gehabt haben, denn plötzlich klang es aus dem Handy: "Ahh...unsere Gasteltern kommen. Bis nachher....- Freizeichen"
Diese kleine Geschichte musste ich jetzt noch loswerden, bevor mir durch Facebook die Pointe geklaut wird XDDD ....Unlösbare Probleme bekommen wir innerhalb weniger Minuten in den Griff, Wunder dauern geringfügig länger ^_________^
Die Kids genießen grade (hoffentlich) den Karaokeabend und ich soll von allen schöne Grüße ausrichten und ein angenehmes Wochenende wünschen.
Das nächste Update kommt voraussichtlich erst am Sonntag, da wir am Samstag den day off haben, einen komplett freien Tag, den die Kids selbst gestalten (vermutlich wird Primark spätestens dann leer gekauft sein....letzte Chance für Investoren) ...In der Hoffnung, dass das rote Handy sich nicht mehr meldet, melde ich mich ab^^ Die erste Woche haben wir......